Buchstaben im Wandel - Schriftkultur des Mittelalters
Bücher entstanden im Mittelalter zunächst fast ausschließlich in klösterlichen Skriptorien. Dort kopierten Nonnen und Mönche in mühevoller Arbeit die ihnen vorliegenden Texte. In den Abschriften spiegeln sich die zur jeweiligen Entstehungszeit vorherrschenden Schreibstile, die im Laufe der Jahrhunderte einem ähnlichen Wandel unterlagen wie die Buchmalerei. Die ältesten in Buchform erhaltenen Texte sind in Unziale (M.p.th.q.2 und M.p.th.q.3) geschrieben, einer spätantiken Schrift mit rundlichem Duktus, die nur Großbuchstaben ohne Interpunktion kennt. Die für Würzburg wichtigste Schrift brachten die angelsächsischen Missionare mit auf den Kontinent: Die angelsächische Minuskel (M.p.th.f.144 und M.p.th.q.28b), die Klein- und Großbuchstaben differenziert und sich durch dornenartige Ansätze auszeichnet. Sie wurde bis weit ins 9. Jahrhundert geschrieben. Abgelöst wurde diese Schriftart durch die karolingische Minuskel (M.p.th.f.23; M.p.th.q.1), die zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert verbreitet war. Charakteristisch ist das einfache und klare Schriftbild. Von Frankreich aus setzten sich im Hochmittelalter allmählich gotische Schriften durch, die die Rundungen und Schwünge der karolingischen Minuskel brachen und vom 13. bis 15. Jahrhundert in zahlreichen Varianten (M.ch.f.4 und 9; M.p.j.f.6) geschrieben wurde. Gegen die Überformalisierung gotischer Buchstabenformen, die zu Lasten der Lesbarkeit ging, entwickelte sich im ausklingenden Mittelalter dann in Italien die humanistische Minuskel (M.ch.f.126), die Elemente der karolingischen Minuskel aufgriff.